Journalistenpreise: Hans Leyendecker stellt Kriterien in Frage
(ajw) Das PRESSEPORTAL der dpa konfrontiert uns Ende Januar 2019 mit einem bemerkenswerten Nachklapp zum "Fall Relotius", der vor einigen Wochen die Medienwelt aufgemischt hatte. Nachdem Claas Relotius in mehreren Artikeln Fälschungen oder Erfindungen nachgewiesen wurden, gab er im Dezember 2018 den Deutschen Reporterpreis zurück, den er zuvor viermal gewonnen hatte, zuletzt 2018 nach Meinung der Jury für einen Artikel "von beispielloser Leichtigkeit, Dichte und Relevanz, der nie offenlässt, auf welchen Quellen er basiert". In einem Interview mit dem Medienmagazin journalist übt allerdings Hans Leyendecker, früher beim SPIEGEL und zuletzt bei der Süddeutschen Zeitung eine journalistische Instanz, so etwas wie branchenbezogene Selbstkritik. Relotius könne nämlich durchaus auch als "Opfer des Hypes um Journalistenpreise" gesehen werden: ....
Schließlich habe er nicht nur perfekt Erwartungen oder "Klischees" von Redaktionen und Lesern bedient, sondern zugleich die der Juroren von Journalistenpreisen. Letztere sollten deshalb ihre Vergabekriterien überdenken und statt Widerspruchsfreiheit "häufiger Stücke honorieren, die die Komplexität der Welt" bzw. real existierende "Ecken und Kanten" aufzeigen. Es komme darauf an, "dass die Widersprüche wieder deutlicher gemacht und zukünftig wesentlich mehr Wert daraufgelegt wird, auch die unterschiedlichen Richtungen in Geschichten zu integrieren", so Leyendecker.
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Das gesamte Interview mit Hans Leyendecker ist in der Ausgabe des journalist vom Januar/Februar 2019 nachzulesen,
Der "Fall Relotius" wurde von SPIEGEL ONLINE im Dezember 2018 aufgedeckt, der Newsplattform aus dem Verlagshaus, für das er zuvor als Reporter gearbeitet hat.
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