Deutscher Tanzpreis 2012: Kulturpreise-Interview mit Bundestagspräsident Norbert Lammert
Mit der von ihm gegründeten Stiftung trägt Lammert sogar zur Finanzierung der Nachwuchs-Auszeichnung Deutscher Tanzpreis ZUKUNFT bei, der diesmal an die aus der Türkei stammende Gözde Özgür ging, die heute im Münchner Ballett tanzt. Im Programmheft zur Verleihung zitiert er ein Gedicht von Maurice Béjart an Marcia Haydée (beide erhielten ebenfalls den Deutschen Tanzpreis, 1994 bzw. 1989). Hier Auszüge:
"Wenn Du tanzt. erfindest Du –
und erfindest Du mich.
Du entdeckst Dich und verbirgst Dich.
Du singst. Du weinst.
Du bingst mich zum Lachen.
Du hilfst mir zu denken.
Du hilfst mir zu leben..."
Die Kulturpreise-Redaktion wollte mehr über die Beweggründe des Bundestagspräsidenten erfahren. Das Gespräch führte Regina Wyrwoll
Kulturpreise: Herr Lammert, was begeistert Sie am Tanz?
Lammert: Das kann ich gar nicht in einem Satz beantworten. Vielleicht insbesondere die Einsicht, dass ich da völlig überfordert bin. Bei keiner anderen Kunst ist der Abstand zwischen dem eigenen Können und dieser professionellen Darbietung so deprimierend eindeutig.
Kulturpreise: Aber Sie sind so begeistert davon, dass Sie mit Ihrer Stiftung den Zukunftspreis finanziert haben...
Lammert: ...das ist ja nicht ganz neu: Ich bin diesem Preis und dieser Veranstaltung schon seit 25 Jahren verbunden. Unter den vielen deutschen Kulturpreisen gehört dieser zu den Herausragenden, weil es eben DER "Deutsche Tanzpreis" ist und weil die Art der Veranstaltung dem Gegenstand besonders gerecht wird. Es gibt viele Kulturpreisveranstaltungen, die alle ihren Rang und ihren Reiz haben, aber bei denen häufig der Preis und seine Inszenierung die Kunst und die Künstler verdrängt, die eigentlich ausgezeichnet werden sollen. Was mir an dieser Tanzgala gefällt ist, dass der Tanz ganz unangefochten im Mittelpunkt steht und jedes Mal aufs Neue durch die Bandbreite der Stile, der Choreographien, der tänzerischen Begabungen Begeisterung entfacht.
Kulturpreise: Manche sagen, dass sich in Deutschland etwa alle 15 Jahre die Zahl der Kulturpreise verdoppelt. Was, glauben Sie, ist hier die Magie? Warum muss es Kulturpreise geben? Was ist dabei ein Förderinstrument, was nur öffentliche Repräsentation?
Lammert: Es ist sicher beides! Zweifellos ist es gut, dass es Kulturpreise gibt. Es kann anscheinend auch gar nicht genug davon geben, wenngleich mich manchmal die Besorgnis beschleicht, dass sie sich auch wechselseitig ein wenig im Wege stehen können. Das ist aber in den verschiedenen Sparten ganz unterschiedlich, deswegen sind hier Verallgemeinerungen voreilig. Mit der Vervielfältigung von Preis-Auslobungen für den gleichen Gegenstand wird aber fast zwangsläufig der Kreis der in Frage kommenden Empfänger reduziert. Aber dass der Kulturstaat Deutschland sich auch durch die vielen – meist ja von Einzelpersonen gestifteten – Preise als kulturelle Bürgergesellschaft dokumentiert, das gefällt mir wieder sehr gut.
Kulturpreise: Herr Lammert, vielen Dank!